Video: Das globale Plastikproblem am Beispiel Bali
Anfang des Jahres war ein Teil des Teams auf Bali, um sich vor Ort einen Eindruck von der Lage zu verschaffen. Wir kannten natürlich die Bilder von riesigen Plastikmengen am Strand, die Vielzahl der versteckten Plätze, an denen Plastikabfall verklappt wird, war aber für uns doch sehr überraschend. Bali steht – wie vielleicht kein anderer Ort der Welt – sinnbildlich für das, was wir dem Paradies Erde gerade antun. Wir möchten an dieser Stelle die eindrucksvollen Bilder mit euch teilen, die wir teils versteckt, mit einer Drohne aufgenommen haben.
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Der nächste Meilenstein ist geschafft! Vor vier Wochen haben wir hier über den bisher größten Erfolg in der Geschichte der Biofabrik berichtet: der erfolgreiche Dauertest unserer WASTX Plastic. Nun haben wir uns einem der größten globalen Umweltprobleme versucht: Plastikmüll aus dem Meer.
Plastikabfall in den Ozeanen – schlecht für Klima und Gesundheit
Jedes Jahr gelangen etwa 8 Mio. Tonnen Plastikabfall in die Weltmeere. Etwa 150 Mio. Tonnen befinden sich Schätzungen zufolge bereits in den Gewässern der Welt. Bis 2050 – so ein Hochrechnung der Ellen MacArthur Foundation – könne die Masse des im Meer befindlichen Plastikabfalls größer sein als die von Fisch. Die Auswirkungen auf uns und die Umwelt sind uns noch immer nicht vollständig klar.
Doch was wir bereits wissen, ist mehr als beunruhigend: Wird Plastik Sonnenlicht ausgesetzt, so zerfällt es nicht nur, sondern setzt auch Methan frei – ein Gas, das das 28-fache Treibhauspotenzial von CO2 hat. LDPE, d.h. Polyethylen niedriger Dichte, wie es beispielsweise bei Verpackungsfolien oder Plastiktragetaschen eingesetzt wird, setzt den Untersuchungen zufolge besonders viel Methan frei.
Dass überhaupt PE und PP in die Meere gelangt, ist nicht nur aus Umweltaspekten kritisch zu sehen. Beides sind sogenannte Polyolefine, die sich mit der richtigen Technologie wiederverwerten lassen. Im Laufe der Zeit zerfällt das Material immer weiter, erst zu Mikroplastik mit einem Durchmesser von 5 Milimetern und schließlich noch weiter zu Nanoplastik mit einem Durchmesser von weniger als einem Mikrometer.
Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven konnten in Untersuchungen mit Miesmuscheln nachweisen, dass diese Partikel in die Zellen der Tiere übergehen und dort Entzündungsreaktionen hervorrufen – mit der Folge, das Tiere, die mit solchen Plastikpartikeln gefüttert wurden kleiner blieben, als Tiere, die diesem Einfluss nicht ausgesetzt waren.
Video: Im beliebten Tauchgebiet Manta Point vor Bali ist inzwischen mehr Plastikmüll als Manta zu sehen.
Meeresplastik geborgen – und dann?
Die gerade beschriebenen Hintergründe machen deutlich: wir müssen den Plastikmüll aus dem Meer holen. Seit Jahren arbeiten verschiedene Organisationen wie The Ocean Cleanup, Seabin, Pacific Garbage Screening und One Earth – One Ocean e.V. (OEOO) an Konzepten, die Ozeane vom Plastikmüll zu befreien. Bereits die Bergung des Plastikmülls ist extrem schwierig, doch selbst wenn es gelingt, ist der Müll noch nicht beseitigt – ihn an Land zu deponieren wäre kaum besser.
Es stellt sich also sofort die Frage: Wie kann der gesammelte Plastikmüll aus dem Meer sinnvoll verwertet werden? Plastikabfall zerfällt erst nach mehreren hundert Jahren – wenn überhaupt. Das ist die gängige Lesart und auch korrekt. Dennoch lohnt sich eine nähere Betrachtung: Tatsächlich setzen recht schnell Prozesse ein, sobald Kunststoffabfälle Witterungsbedingungen, Salzwasser und Sonnenlicht ausgesetzt sind. Die Kohlenwasserstoffverbindungen zerfallen und das Material wird immer kleiner – bis es irgendwann einen geringeren Durchmesser als 5 mm hat und damit zu Mikroplastik zählt. Je kleiner die Kunststoffteile werden, umso größer ist ihre Oberfläche und umso stärker ziehen so daher verschiedene Stoffe an, die sich an die Kunststoffteile binden.
Das bedeutet, dass Plastikabfall, wenn er eine Weile verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt war, nicht nur seine Werkstoffeigenschaften verliert, sondern auch andere Anhaftungen bis hin zu Schwermetallen wie Blei mitbringt. Eine werkstoffliche Verwertung, d.h. beispielsweise durch die Erzeugung von Recyclaten die Kunststoffabfälle direkt zur Herstellung neuer Produkte zu verwenden, ist bei Meeresplastik und auch Abfällen, die bereits einige Zeit auf in der ländlichen Umwelt oder auf Deponien lagerten, deshalb nicht mehr möglich.
Pyrolyse zur Verwertung von Meeresplastik
Bereits seit gut einhundert Jahren ist das Prinzip der Pyrolyse bekannt: Die langkettigen Kohlenwasserstoffverbindungen der Kunststoffe werden durch Erhitzen unter Ausschluss von Sauerstoff aufgebrochen. Es entstehen kurzkettige Kohlenwasserstoffverbindungen, die flüssig oder gasförmig sind.
Genau dieses Prinzips bedienen wir uns bei der WASTX Plastic. Der entstehende Kraftstoff entspricht den Normen verschiedener schwefelarmer Marine Diesel. Darüber hinaus kann der Kraftstoff in Generatoren oder Turbinen in elektrische Energie umgewandelt werden. Entgegen anderer Recyclingtechnologien ist unsere Anlage nicht auf sortenreine Stoffströme angewiesen, sondern kann gemischte und verunreinigte Kunststoffabfälle rohstofflich verwerten.
Auch organische Anhaftungen wie bspw. Algen stören den Prozess nicht. Damit ist die WASTX Plastic in der Lage, mit den besonderen Anforderungen, die Meeresplastik an ein Recyclingsystem stellt, umzugehen. Nun sollte sie sich in einem Dauertest im Umgang mit Meeresplastik beweisen.
WASTX Plastic verarbeitet erfolgreich Meeresplastik und Ölbindewatte
Gemeinsam mit der Umweltorganisation One Earth – One Ocean e.V. (OEOO) haben wir bereits im Juni 2018 erfolgreiche Tests zur Verölung von Meeresplastik durchgeführt. (Das Recyclingmagazin berichtete). Nun wurden von OEOO weitere 300 Kilogramm Plastikmüll aus dem Meer geliefert, der im Dauerbetrieb mit der WASTX Plastic erfolgreich verarbeitet wurde.
Was OEOO uns mitbrachte, war ein guter Querschnitt dessen, was die Organisation aus den Gewässern birgt: Polyethylen von hoher und niedriger Dichte (HDPE, LDPE), Polyproylen (PP) meist in Form von Verbundstoffen, die auch verschiedene andere Kunststoffarten enthielten. Neben “üblichem” Verpackungsabfall nahm es die WASTX Plastic auch mit einem Geisternetz aus PE aus.
Außerdem wurde erstmals auch mit Altöl getränkte Ölbindewatte PURE erfolgreich prozessiert. PURE ist eine spezielle Ölbindewatte der Firma DEUREX, die in der Lage ist, im Wasser befindliches Öl von einem Vielfachen des eigenen Gewichts zu binden. Sie kann beispielsweise bei der Reinigung von Hafenbecken oder ölverseuchten Küstenabschnitten nach Ölkatastrophen eingesetzt werden. Unsere WASTX Plastic war somit allen Herausforderungen von maritimen Plastikmüll gewachsen. Damit beweist sie sich als erste dezentrale, profitable Lösung für dessen Verwertung.
Gefährlicher Abfall wird zu wertvollem Rohstoff und damit zu einer Einkommensquelle für Millionen Menschen
Nach einer unglaublichen Reise voller Höhen und Tiefen sind wir jetzt wahnsinnig stolz auf das Erreichte. Wir sind mit dem Ziel gestartet, eine profitable Lösung für das Plastikmüllproblem zu entwickeln und haben jetzt den Beweis erbracht, dass es möglich ist. Die Entwicklungen laufen nun immer schneller: Zum einen befindet sich unsere erste Serienanlage kurz vor der Fertigstellung, wir werden im Juli die erste Anlage beim Kunden in Betrieb nehmen entwickeln parallel die neue Generation, die die vierfache Menge Plastikmüll verarbeiten kann.
Wir müssen jetzt so schnell sein, denn das Problem wird immer gigantischer, je länger wir nichts dagegen tun. Nach dem chinesischen Importstopp für Kunststoffabfälle wird der Plastikmüll in andere – teilweise noch weniger entwickelte – Länder wie Malaysia oder Indonesien exportiert. Allein 100.000 Tonnen Plastikabfall aus Deutschland landeten letztes Jahr in Malaysia – trotz Mülltrennung und „hervorragendem“ Recyclingsystem.
Dort sammeln und sortieren sogenannte Müll-Picker den Abfall von Hand und verdienen damit umgerechnet nur etwa 60 ct. pro Tag. Plastikmüll ist aktuell meist wertlos und bleibt daher liegen, oder wird illegal verbrannt. Mit der WASTX Plastic und einem damit verbunden Pfandsystem wird der Plastikabfall so wertvoll, dass es sich nicht nur lohnt ihn zu sammeln, sondern die Picker ihr Einkommen um ein Vielfaches steigern und damit ihren Familien ein besseres Leben ermöglichen können.
Weitere Informationen zu dem Thema findest du hier:
- Süddeutsche Zeitung: Plastikmüll verschmutzt immer mehr Länder in Südostasien
- Wirtschaftswoche: Malaysia schickt reichen Ländern ihren Müll zurück
- Deutschlandfunk: Plastikmüll im Meer verursacht Treibhausgase