Bereits vor einigen Monaten berichteten wir von einer umfassenden Kooperation mit dem ältesten Verpackungsunternehmen der Welt. Jetzt beteiligt sich der weltweite Marktführer für Flexible Packaging an einem unserer Tochterunternehmen. Für uns ein Grund, ein paar Worte über die Finanzierung von Tech-Startups in Deutschland zu verlieren.

 

Warum deutsche Startups noch besser sein müssen

Wie ihr wisst, nutzen wir unseren Blog auch, um über die Hintergründe im Leben eines Startups zu sprechen. Ein wichtiges Thema, über das wie so oft nur im Erfolgsfall gesprochen wird, ist die Finanzierung. Es ist heutzutage – mit wenigen Ausnahmen – nicht mehr möglich, ohne solide Finanzierung ein nennenswertes Geschäft aufzubauen. Oder anders gesagt: Ohne Geld zu haben, kann man meist kein Geld verdienen.

Die Investmentkultur ist gerade in Europa ein wichtiger Grund, warum sich junge CEOs und Finanzvorstände nachts in den Schlaf weinen. Denn während in Übersee auch das zweihundertste Dating-Startup noch Beträge akquiriert, die hier gestandenen Mittelständlern die Tränen in die Augen treiben, ist es in Europa eigentlich wie vor 20 Jahren, als noch die Banken für die Finanzierung von Unternehmen zuständig waren. Und das in einer Zeit, in der mehr Kapital zur Verfügung steht denn je, welches wiederum niedriger verzinst wird als jemals zuvor.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es gibt sie, die Seed- und Frühphaseninvestoren. Inkubatoren, Business Angels, Fonds, usw., alles da. Berlin lässt grüßen. Aber folgende zwei Zahlen sprechen Bände: Im Jahr 2014 wurden allein im Silicon Valley 26 Milliarden Dollar in Startups gesteckt. In ganz Deutschland waren es in der gleichen Zeit ganze 3 Milliarden.1

Man kann also getrost davon ausgehen, dass nur die Startups mit den besten Verbindungen, den vielversprechendsten Ideen und der professionellsten Umsetzung überhaupt eine Chance haben, in Europa solide finanziert zu werden.

 

 

Aber ist es möglich? – Ja!

Gerade Startups im Technologiebereich benötigen besonders viel Kapital, um den Weg bis zum funktionierenden Prototyp zu finanzieren. Meist genügen da nicht einige wenige Softwareentwickler, sondern es müssen – wie bei der Biofabrik – verschiedene Spezialisten aus unterschiedlichsten Bereichen, teils hoch dotiert, im Team miteinander arbeiten. Und das für eine lange Zeit.

In dieser Phase halten sich die risikobewussten Manager nicht-amerikanischer Investmentgesellschaften ähnlich stark zurück, wie es damals die Banken taten. Wer seine Vision klar in Worte zu kleiden weiß und den Sinn für die Gesellschaft in drei Sätzen darstellen kann, sollte diese Phase aus unserer Sicht mittlerweile über die Crowd finanzieren. Crowdfunding-Plattformen wie das deutsche Seedmatch setzen die Kampagnen auf Wunsch von der Konzeption bis zur Abwicklung vollkommen professionell um.

Auch wir haben mit einem selbst-organisierten Crowdfunding einen siebenstelligen Betrag innerhalb von acht Wochen akquiriert. Geld, für das wir mit Investoren mehrere Monate hätten verhandeln und am Ende sicher einen hohen zweistelligen Prozentsatz abgeben müssen. Für Kleininvestoren, die mit etwas kalkuliertem Risiko, aber guten Renditechancen investieren, zählt im Gegensatz zu rechenschaftspflichtigen Managern einzig Sinn, Professionalität und die Fähigkeit, sich und seine Idee zu verkaufen. Sie sind die neuen Treiber hinter den Innovationen – ein Trend, der sich in einem Umfeld niedriger Zinsen und billigen Geldes ganz sicher noch verstärken wird.

Startups, die sich an die Crowd wenden, werden mit Unkompliziertheit, vollkommener Ehrlichkeit und einem ersten Proof-of-Concept belohnt. Wenn es die Crowd nicht kauft, dann hätte es ein Investor auch nicht gekauft. Für die Phase bis zum Prototyp genügt diese Finanzierungsform, sie ist sympathisch, zeitgemäß und mittlerweile auch für größere Beträge vollkommen etabliert.

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Startup-Finanzierungen, wenn der Prototyp läuft

Wenn der Prototyp in Ansätzen funktioniert, das Prinzip nachgewiesen und mit Zahlen belegt ist, eröffnen sich uns Startups, auch in Europa, ganz andere Möglichkeiten. Vorausgesetzt, ihr habt etwas entwickelt, auf das die Welt wartet und der Businessplan mitreißt, kann man nun tatsächlich professionelles Geld bekommen.

Obwohl der Prototyp unserer White Refinery schon vor längerem den Proof-of-Concept erbracht hat, erschien uns ein Redesign auf die Größe eines Cola-Automaten, ein zusätzliches Jahr Entwicklungszeit wert. Denn somit war eine Anlage im Bau, die Plastikabfall in Energie verwandeln kann, aber für ungleich mehr Käufer interessant ist.

Mit einem funktionierenden Prototypen, der ein tatsächliches Problem löst, gibt es auch bei uns die nötigen Mittel, um die nächste Phase anzugehen:

  1. Wir hätten nun echtes Beteiligungskapital über M&A-Berater und selbst angesprochene Investoren einsammeln können. In dieser Phase ist es jedoch leider immer noch relativ “teuer”, professionelles Geld einzusammeln, da die Schwelle zum Markteintritt noch relativ hoch ist.
  2. Auch Einzelkunden waren zu diesem Zeitpunkt bereit, in Vorleistung zu gehen – sicher eine der cleversten Formen, sich ohne Abgabe von Anteilen in dieser Phase zu finanzieren. Und nebenbei bemerkt auch eine, die in unserem diesbezüglichen Vorbildmarkt USA vollkommen üblich ist.
  3. Wir entschieden uns jedoch für eine dritte Form.
 

Abgeben, um danach mehr zu haben

Mit der dänischen und weltweit arbeitenden Schur Star Systems haben wir uns entschieden, einen strategischen Partner gegenüber reinen Finanzpartnern vorzuziehen, auch wenn wir für die gleiche Beteiligung in Höhe von zehn Prozent des Tochterunternehmens Biofabrik White Refinery GmbH mehr Geld hätten einsammeln können, als wir es getan haben. In Absprache mit dem Käufer wird der effektive Kaufbetrag nicht veröffentlicht.

Unsere Entscheidung für diesen Weg hat mehrere Gründe: Zum einen hat der Schur-Konzern mit 13 internationalen Unternehmen und Werken auf vier Kontinenten hohen eigenen Bedarf an unseren Waste-to-Energy-Anlagen. Das Unternehmen möchte eine abfallfreie Produktion und die Energie aus bisher kostenpflichtig entsorgtem Abfall für seine Produktion nutzen. Eine perfekte Symbiose.

Uns gibt das die Möglichkeit, unsere Technologie ohne den Druck eines externen Kunden in allen Teilen der Welt in der Praxis zu prüfen und für verschiedene Anwendungsszenarien zu perfektionieren. Gleichzeitig bietet uns der Konzern mit seinen vielen Niederlassungen eine kostenlose Präsenz in vielen Städten und Messen weltweit und unseren potentiellen Kunden Vorführanlagen im laufenden, praktischen Betrieb.

Und nicht zuletzt ist Schur mit 800 Angestellten selbst einer der größten Maschinenbauer der Branche und kann uns somit zu hervorragenden Konditionen Aufgaben im Engineering, der Serienproduktion oder später im Support abnehmen. Dinge, die wir für eine schnelle weltweite Expansion der Technologie dringend benötigen.

 

Wie es weitergeht – die Wachstumsphase

Bis Mitte 2017 soll der Prototyp der Biofabrik White Refinery bis zur Marktreife fertig entwickelt und an die ersten Werke ausgeliefert werden, um sich dort erstmalig in der Praxis zu beweisen. Anschließend daran werden wir vorerst den europäischen Vertrieb ausbauen, Serienfertigungskapazitäten sichern und die Produktion hochfahren. In dieser Phase verlassen wir das Startup und somit auch den schwierigen Teil der Unternehmensfinanzierungen.

Ein funktionierender und im Dauertest bewährter Prototyp, zu diesem Zeitpunkt dann schon eine Nullserie, ein aufgebautes Vertriebsnetz und die nachgewiesene Nachfrage eröffnen dann den sagenumwobenen Markt der Unternehmensfinanzierungen. Aber über den sprechen wir am besten, wenn wir die nun vor uns liegenden Hausaufgaben gemacht haben.

Bis dahin freuen wir uns über den Reputationsgewinn und die Stärkung durch einen Partner wie Schur und auch darauf, euch an dieser Stelle über unsere nächsten Siege und Rückschläge (ihr wisst, dass wir auch darüber schreiben) auf dem Laufenden zu halten. Falls ihr noch nicht dabei seid, werdet hier ein Fan der Biofabrik bei Facebook oder meldet euch weiter unten für unseren Newsletter an.